Valeria Maurer
Valeria Maurer
Musik 2023
Valeria Maurer (*1991 in Karaganda, Kasachstan) ist eine Sängerin, Komponistin und Bandleaderin. Geboren in Kasachstan, aufgewachsen in Sibirien, Russland, kam Valeria 2013 nach Deutschland. Sie studierte Jazz-Pop Gesang in Novosibirsk und in Mannheim. Parallel zu ihrem Masterstudium an der Musikhochschule lernte sie klassische indische Musik an der Orientalischen Musikakademie in Mannheim. Ihre Leidenschaft gilt der Verbindung von Kulturen und unterschiedlichen Klangwelten.
Interview
1. Du bist Bandleaderin, Komponistin und Sängerin. Welche Herausforderungen begegnen dir dabei?
Die größte Herausforderung für mich ist es, all diese Rollen zu kombinieren. Eine Organisatorin zu sein, das Projekt zu leiten und Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig ein neugieriges, aufgeschlossenes, spielerisches Kind in meiner Kreativität und im Komponieren zu bleiben. Eine Managerin, Bookerin, Promoterin zu sein, die sich mit den finanziellen Aspekten des Projekts befasst und nach Auftrittsmöglichkeiten sucht – und dabei nicht (zu lang) in Frustration zu verfallen, wenn etwas nicht klappt. Diese Balance zwischen Kreativität und all den organisatorischen Fragen zu halten, die mit dem Projekt verbunden sind, ist nicht einfach. Idealerweise möchte ich einen Manager finden, der mich in dieser nicht-künstlerischen Seite stärken und unterstützen kann.
2. Du konzentrierst dich auf die Fusion von indischer Musik und dem Jazz. Wie gehst du dabei vor?
In meinem neuen Projekt »CHARU«, an dem ich auch in diesem Stipendienjahr gearbeitet habe, habe ich meine Kenntnisse in der klassischen indischen Musik, meine Erfahrungen und meinen Musikgeschmack aus Jazz und verwandten Genres, auch lateinamerikanischer Musik zusammengebracht. Die klassische indische Musik ist ein völlig anderes Universum mit eigenen Regeln für melodische und rhythmische Strukturen. Indische Ragas kann man grob mit den Tonleitern der westlichen Musiktradition vergleichen. Aber es ist etwas mehr, jede Raga bringt den Zuhörer und den Interpreten in eine bestimmte Atmosphäre, hat eine bestimmte seelische Wirkung, malt ein Bild. Die klassische südindische Musik ist sehr rhythmusorientiert: komplexe rhythmische Strukturen, wechselnde Taktarten und ungerade Taktarten – das klingt auf dem Papier kompliziert, ist aber in der Praxis sehr logisch, lebendig, mitreißend und sogar tanzbar. »Konnakol« heißt eine Kunstform, eine rhythmische Sprache, die auf einem Instrument und im Gesang mit Silben vorgetragen wird. Die Harmonik in meinen Fusion-Kompositionen, die in der indischen Musik nicht präsent ist, ist sehr von Jazz und Pop der westlichen Musiktradition beeinflusst. Beiden Welten gemeinsam ist die Improvisation. Komponieren bei mir ist ein intuitiver Prozess. Je mehr ich in die Welt der klassischen indischen Musik eintauche, je mehr ich die Musik höre und übe, desto mehr kommen mir beim Komponieren meiner Stücke neue, frische melodische und rhythmische Ideen.
3. Für dein erstes Album, mit deinem Valeria Maurer Quartett, planst du Gedichte zu vertonen. Wie hast du diese Gedichte ausgewählt und welche Bedeutung haben sie für das Gesamtkonzept deines Albums?
Mit meinem Quartett – mit Konrad Hinsken am Klavier, Lukas Hatzis am Kontrabass und Julian Losigkeit am Schlagzeug – spiele ich seit meinem Masterabschluss im Jahr 2021 ein Konzertprogramm mit Eigenkompositionen in Jazz-Clubs und auf Festivals. Dieses Projekt ist stilistisch vielfältig, es ist sowohl moderner Jazz als auch Singer-Songwriter-Pop mit folkloristischen Elementen. Die Texte spielen hier eine wichtige Rolle. Gedichte auf Russisch, meiner Muttersprache, in poetischen Übersetzungen ins Englische waren der Ausgangspunkt für meine ersten eigenen Lieder für mein Quartett: so zum Beispiel der Song »Here is the Silence«, mit dem Gedicht über Armenien von der jungen aus Sibirien stammenden Poetin Sasha Zaytseva. Oder der Song »Only to read children’s books«, mit einem Gedicht von dem russisch-jüdischen Dichter Ossip Mandelstam (1891-1938). Auch die Songs mit eigenen Texten sind poetisch, mit Symbolen und Bildern verbunden. Am meisten inspiriert mich das Reisen, zu verschiedenen Orten auf diesem Planeten, durch die Zeit, zwischen den Jahreszeiten und zwischen verschiedenen Kulturen. Dies sind meine Lieblingsthemen. Durch die Visualisierung der Gedichte anderer Menschen kommt die Musik zu mir, wie die Farben zu einem Gemälde, und in einem anderen Moment entstehen meine Gedichte und Musik aus meinen eigenen Eindrücken und Erfahrungen. Reisen und die Frage: »Where am I going?« (übrigens ein neuer Song zu dem Gedicht von A.Milne) – davon handelt unser erstes Album, das dieses Jahr erscheinen wird.
4. Welche Projekte hast du während deines Stipendiums realisiert?
Während dieses Stipendienjahres habe ich mich wieder intensiver mit der klassischen indischen Musik beschäftigt. Über einige Monate habe ich Privatunterricht bei indischen Meistern genommen, mich mit dem rhythmischen System »Konnakol« befasst, geübt und die Stücke komponiert und bearbeitet. Mit einem neuen Projekt, das ich »CHARU« nannte, mit dem Gitarristen Max Clouth, dem Bassisten Simon Zauels und dem Perkussionisten Peter Hinz, haben wir nach einer intensiven Probenphase eine EP im Glaswald Studio im Schwarzwald aufgenommen. Für zwei Kompositionen habe ich weitere Solisten eingeladen – für Solo-Trompete und indische Flöte Bansuri. Dazu gab es ein Video aus dem Studio mit der Komposition »Charukeshi«, dass wir im August 2023 auf YouTube veröffentlichten. Mit meinem Quartett habe ich zwei neue Singles herausgebracht und das offizielle Musikvideo für den Song »Pegasus« gedreht und auf YouTube veröffentlicht. Das Musikvideo selbst war ein lange geplantes Projekt in Zusammenarbeit mit einem professionellen Team, mit einem sehr talentierten Regisseur aus Athen und Contemporary-Tänzern. Außerdem schrieb ich weitere neue Songs für unser Debütalbum und probte und arbeitete mit der Band daran. Ich habe einen Release-Plan und ein Team für die Promo-Kampagne für das kommende Album zusammengestellt. Jetzt gehen wir ins Studio...