Claudia Schumacher
Claudia Schumacher
Stipendiatin Literatur 2022
Claudia Schumacher (*1986 in Tübingen) studierte Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Amerikanistik in Tübingen und Berlin. Es folgten sieben Jahre in Zürich, wo sie als Journalistin arbeitete, Redakteurin bei der „NZZ am Sonntag“ war. Heute lebt die Autorin in Hamburg und schreibt unter anderem für „DIE ZEIT“.
Interview
Dein Debütroman „Liebe ist gewaltig“ erscheint im Mai 2022.
Wovon handelt er?
Ich erzähle von häuslicher Gewalt im Bildungsbürgertum, von Verletzungen, aber auch von einer möglichen Heilung. Im Zentrum steht Juli, eine junge Frau. Sie ist zu Beginn 17 Jahre alt und versucht, dem Schreckensregime ihres Elternhauses zu entkommen. Wir folgen ihr, wie sie als Erwachsene versucht, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Sie ist nicht nur Opfer, sie startet einen Feldzug, und sie verrennt sich. Mich fasziniert, wie nah Liebe und Hass in manchen Familien beieinander liegen. Wieso fügen Menschen ihren Nächsten Grausamkeiten zu? Wieso üben sie Gewalt aus? Ich wollte das an einer scheinbar normalen Familie der Mittelschicht erzählen, hinter deren Fassade das Grauen herrscht.
Wie kamst du zur Literatur?
Bevor ich lesen konnte, habe ich anderen Kindern Bücher „vorgelesen“, bevor ich schreiben konnte, habe ich meinen Eltern Geschichten diktiert. Als ich elf war, wollte ich einen Hund. Mein Vater meinte: Kannst du haben, aber erst, wenn du eigenes Geld verdienst. Ich habe mich hingesetzt und etwas geschrieben, was ich eine Novelle nannte. Die wollte ich verkaufen und mir von dem Geld einen Hund holen. Die absurde Idee, vom Schreiben zu leben, erschien mir also immer natürlich. Später führte mein Weg über den Journalismus, über Kolumnen und Essays. Fiktionales schrieb ich in dieser Zeit nebenher, dann zunehmend und heute hauptsächlich.
Über welche Themen schreibst du?
Mich interessieren die Psychologie der Gewalt und die Komplexität menschlicher Beziehungen, insbesondere auch die Machtgefälle darin – und wie sich Menschen befreien, heilen und ermächtigen. Besonders interessiert mich die in der Literatur unterrepräsentierte Lebensrealität von Frauen.
Was planst du während deines Stipendiums?
Ich werde mich direkt in das nächste Romanprojekt stürzen, und ich arbeite an einem Erzählband, möchte in diesem frühen Stadium aber nicht zu viel verraten. Ich erzähle Geschichten von Protagonistinnen, die mit sich selbst fremdeln und das Gefühl nicht loswerden, von Grund auf falsch zu sein. Mich fasziniert die Figur des Misfits, insbesondere des weiblichen.