David Auli Morales
David Auli Morales
Musik 2023
David Auli Morales (*1992) wurde in der sozial-musikalischen Bewegung „El Sistema“ als Schlagzeuger ausgebildet. Er gehörte bis 2016 zum Symphonischen Orchester von Caracas, mit welchem er nach Europa, Asien, Nord- und Südamerika reiste und mit renommierten Dirigenten wie Gustavo Dudamel oder Leon Botstein zusammenarbeitete. 2021 schloss er sein Bachelorstudium an der Musikhochschule in Freiburg ab. Er ist Mitgründer des Ensembles Tammurriata, des Duo Intakt und des Clash Trio.
Interview
1. Seit wie vielen Jahren spielst du schon das Instrument Maracas und was fasziniert dich daran?
Ich spiele Maracas seit ich 16 Jahre alt bin. Die Verbindung mit dem Instrument war ganz natürlich, da ich in meinem Haus immer traditionelle venezolanische Musik hörte, vor allem Joropo, bei der die Maracas immer präsent sind.
Die Maracas sind faszinierende Instrumente. Sie bieten ein riesiges Spektrum an klanglichen Möglichkeiten. Das Instrument wird meist mit Virtuosität in Verbindung gebracht, kann aber auch einen kontemplativen Charakter haben. Auch technisch ist es sehr anspruchsvoll. Obwohl für die Ausführung nur der Oberkörper benötigt wird, gibt es unzählige Bewegungs- und Spielrichtungen, in denen die Maracas gespielt werden können. Dies erfordert so viel Koordination und Unabhängigkeit, dass diese problemlos mit einem Drum-Set verglichen werden können.
Zusätzlich zu ihrem klanglichen Potenzial bergen die Maracas und ihr natürliches Spiel ein visuelles Potenzial, das eng mit der Ausführung des Instruments und seiner Wertschätzung durch die Öffentlichkeit verbunden ist. Maracas sind nicht nur ein Instrument zum Hören, sondern auch zum Sehen. Beide Aspekte bereichern gleichermaßen die Leistung des Instruments. Das ist ein Aspekt, den kaum ein anderes Instrument besitzt.
2. Du planst eine Kooperation mit Sebastián Zuleta (Komponist), um die Möglichkeiten der Maracas zu erforschen, wie sehen eure Pläne aus?
Durch die Zusammenarbeit mit Sebastián ist ein tolles Stück für Maracas und Elektronik namens Maracatapa entstanden. Der Schaffens- und Kompositionsprozess dauerte fast drei Jahre. Das erste Treffen mit Sebastián fand im Mai 2020 statt und die erste Fassung des Stückes wurde am 18. Januar 2023 in Freiburg uraufgeführt. Nachdem das Stück nun mehrere Male gespielt und nach jeder Aufführung diverse Korrekturen erfahren hat, ist es bereit für die Aufnahme. Dies ist für dieses Jahr 2024 geplant.
Maracatapa ist ein Zyklus von fünf Stücken für Maracas und Elektronik. Mit verschiedenen Bewegungsarten und Richtungen werden vielfältige Klangfarben erzeugt. Diese Elemente werden dekonstruiert, erweitert und neu konfiguriert. Jedes der Stücke ist für ein anderes Setup konzipiert, das neben Zuspielen, Bewegungssensoren, MIDI- und Klanginformationsverarbeitung und Koordination durch Click-Track auch verschiedene Maracas (normale und stumm), Mikrofone und Lautsprecher als Schallgeber kombiniert. Die Schaffung des Stückes war ein Prozess der Vertiefung in der Logik des Instruments. Ich kann sagen, dass ich dank dieses Stücks mein Instrument viel besser kennengelernt habe.
3. Du willst den Maracas mehr Visibilität verschaffen, wie gedenkst du das zu tun?
Auf künstlerischer Ebene möchte ich weiterhin das Potenzial der Maracas in den beiden Musikwelten zeigen, in denen ich bereits arbeite. Die erste dieser Musikwelten ist die Alte und traditionelle südamerikanische Musik, die ich mit dem Ensemble Tammurriata spiele. Unter diesem Aspekt kann ich die Maracas in ihrem ursprünglichen Kontext, dem Joropo, zeigen, ihre Ursprünge und ihre grundlegende Ästhetik darstellen.
Die zweite ist die akademische zeitgenössische Musik. Hier möchte ich die Maracas in die neuen Musiktrends einführen und ihr technisches, klangliches und visuelles Potenzial noch genauer erkunden. Dies erreiche ich durch die Zusammenarbeit mit Komponist: innen, die in unterschiedlichen Bereichen wie elektronischer Musik, freier Improvisation und Musiktheater, sowie Instrumentalmusik, die auf erweiterten Techniken des Instruments basiert, arbeiten. Ziel ist es, ein für das Instrument konzipiertes Originalrepertoire zu entwickeln, sowie das Instrument in verschiedenen neuen Konstellationen zu zeigen. In diesem Abschnitt sind mir bereits einige Stücke gelungen, sowohl im Solo- als auch im Kammermusikformaten. Zurzeit arbeite ich mit mehreren Komponist: innen in der Entwicklung neuer Werke zusammen.
Auf pädagogischer Ebene entwickle ich derzeit eine Methode zum Erlernen des Instruments. Es ist ein großes Projekt, denn neben der Präsentation des Instruments in seinem ursprünglichen musikalischen Kontext ist es mir wichtig, die zahlreichen Möglichkeiten aufzuzeigen, die dieses Instrument hat. Ich möchte die Vielseitigkeit des Instruments vermitteln, wie es bei anderen Schlaginstrumenten wie dem Cajón oder der Djembe bereits geschehen ist. Ich würde mir wünschen, dass das Instrument zukünftig in mehreren musikalischen Kontexten repräsentiert wird.
4. Welche Projekte hast du während deines Stipendiums noch geplant?
Im Jahr 2023 konnte ich drei Stücke uraufführen, bei denen die Maracas eine wichtige Rolle spielen. Diese Stücke sind Maracatapa von Sebastián Zuleta (Maraca Solo mit Elektronik), der Kreisel von mir selber und Alessandra Riudalbas (Performance für Maraca Solo) und Hundekoloquium von Maximiliano Soto Mayorga (Musiktheater für Schlagzeugtrio). Die Stücke wurden schon in Freiburg, Darmstadt, Stuttgart, Bern, Belfort, Strasbourg und Seoul bei verschiedenen Festivals aufgeführt.
Ebenfalls im Jahr 2023 wurde ich eingeladen, Maracas-Meisterkurse an der „Chugye University for the Arts“ in Seoul, Südkorea, zu geben. Dieser für Komponist: innen und Schlagzeuger: innen offene Workshop fand im Rahmen des „Metallic Language“-Festivals statt, an dem ich im August 2023 als Gastmusiker teilnahm.
Das Jahr 2024 sieht zwei neue Uraufführungen vor, ein Duo für Maracas und Oboe des Komponisten Daniel Arango Prada und ein zweites Stück Solo für Maracas und Elektronik der Komponistin Goeun Kim. Im November 2024 wurde ich eingeladen, beim Internationale Digitalkunst Festival teilzunehmen und mein Projekt vorzustellen.