Niklas Lukassen
Niklas Lukassen
Stipendiat Musik 2022
Niklas Lukassen (*1995 in Horb am Neckar) vereint seinen besonderen lyrischen Sinn mit einem kreativ umgesetzten handwerklichen Geschick, gleichermaßen auf dem Kontrabass und auf der Bassgitarre. Zusätzlich zu seinen Aktivitäten als Bassist präsentiert er sich regelmäßig als Komponist und Bandleader. Auch als Sänger war er Mitglied einiger Ensembles wie z. B. dem Bundesjazzorchester. Geführt haben ihn seine Konzertreisen bereits nach China, Malaysien, Saudi Arabien, Westafrika, in die USA und quer durch Europa.
Interview
Woher kommt dein Interesse für das Bassspiel und den Jazz? Was fasziniert dich daran am meisten?
Ich bin über das Klavier und den Gesang zur Bassgitarre und schließlich zum Kontrabass gekommen. Als ich zu Weihnachten mit 14 meinen ersten E-Bass bekommen habe, war es sofort um mich geschehen. Das war magisch. Ich habe mich direkt mit dem Instrument identifizieren können, da die Rolle, die mir in tragender Funktion als Bassist zu Teil wurde, mir ein besonderes Gefühl von Nähe zu meinem Mitspieler*innen und dem Herzen der Musik gegeben hat. Zu dieser Zeit habe ich vor allem viel Rock und auch Motown Musik gehört. Jazz war mir noch kaum ein Begriff, aber von Anfang an habe ich mir kreative Freiräume geschaffen, welche andere schon damals als einen Jazzeinfluss betitelten. Der Jazz und die sozialen Elemente, die mit dem einhergehenden kollektiven Improvisieren verbunden sind, passen einfach zu meinem Naturell. Damals wusste ich das nur noch nicht einzuordnen. Als Schwarzwälder Dorfjunge bin ich ohne eine hiesige Jazzszene aufgewachsen. Da hat mir das Internet und besonders YouTube den musikalischen Blick über den Tellerrand eröffnet. Als mein erster Basslehrer mir dann, um meinen fast schon fanatischen Enthusiasmus zu besänftigen, die Stücke „Teen Town” und „Portrait of Tracy” von Jaco Pastorius verschrieben hatte, verspürte ich deutlich eine besondere Anziehung zu dieser Musik und ich bekannte mich fortan auf meiner musikalischen Entdeckungsreise als Jazzmusiker. Meine Prüfung am Jazzinstitut mit 16 Jahren und der Umzug nach Berlin, sowie die folgende Erweiterung um den Kontrabass ermöglichten es mir, mich als Jazzmusiker mit Gleichgesinnten zu sozialisieren. Meine späteren Jahre in New York fühlten sich an wie ein nach Hause kommen. Parallel bin ich aber stets auch von Musik unterschiedlicher Kulturen und aus verschieden Stilen inspiriert und meine vielseitigen musikalischen Erfahrungen sind eine Bereicherung. Ich mag meine Welt bunt.
Du planst die Aufnahme eines Albums unter eigenem Namen. Kannst du bereits Einblicke in dein Vorhaben geben?
Ja, stimmt. Darauf freue ich mich besonders. Nach viel gespielter Musik als Sideman und auch als Co-Bandleader, glaube ich, dass es jetzt an der Zeit ist für mein eigenes Album. Dieser Schritt fühlt sich fast schon überfällig an, denn ursprünglich hatte ich bereits 2020 vor, mein Album in New York, wo ich zu dem Zeitpunkt noch wohnte, aufzunehmen. Pandemiebedingt bin ich dann zurück nach Berlin gezogen. Durch die Lockdowns habe ich mich noch besser kennen gelernt und ich habe viele neue Stücke geschrieben, die z.B auch die Pandemie oder den Klimawandel zum Thema haben. Die Aufnahme meines Albums wird im Oktober stattfinden und ich bin sehr froh, in einige meiner Lieblingsmusiker in meine neue Band zu involvieren. Das Herzstück der Besetzung besteht aus einem international besetzten Quartett (Wanja Slavin am Altsaxophon, Kit Downes am Klavier und Francesco Ciniglio am Schlagzeug). Zusätzlich wird die Aufnahme aber noch um mehrere Gastauftritte, z.B. von Sängerin Jo Lawry, bereichert. Die meisten Kompositionen sind Instrumentalnummern, aber es wird auch ein Paar Stücke mit meinen eigenen Texten geben, bei denen ich meinen Jazz und Songwritereinflüsse verschmelzen lasse. Soviel zum Konzept. Über den Klang der Musik kann und möchte ich erst sprechen, wenn die Musik erklungen ist.
Du spielst mit selbst entwickelten Techniken wie bspw. dem Plektrumspiel auf dem Kontrabass. Welche Wirkung erzielst du damit?
Ich bin grundsätzlich experimentierfreudig. Da ich mich gleichermaßen als Bassist, sowie auch als Bassgitarrist identifiziere, beschäftige ich mich viel mit der Realisierung einer künstlerischen Stimme, die Qualitäten meines Spielstils auf beiden Instrumenten miteinander vereint und eine kohärente musikalische Persönlichkeit abbildet. So wende ich oft bassgitarrenspezifische Techniken und Konzepte auf dem Kontrabass an und umgekehrt. Ultimativ geht es einfach darum, den Klang der sowieso schon in meinem Kopf ist, auf dem einen oder anderen Weg instrumentenunabhängig umzusetzen. Selbstverständlich unterscheiden sich die Instrumente weiter in ihrem Klang, aber es geht mehr um den musikalischen Ausdruck hinter der Technik. Meine klanglichen Ideale orientieren sich oft nach der menschlichen Stimme. Das fühlt sich für mich am natürlichsten an. Meine Erfahrungen als Sänger, bedingen somit auch mein Streben nach Nahbarkeit und Lyrik auf dem Bass. Situationsabhängig verwandeln meine Techniken den Bass aber stellenweise schon fast in ein anderes Instrument. Wenn ich zum Beispiel den Kontrabass mit dem Plektrum spiele, kann dieser Sound unter anderem Assoziationen zu der Oud, oder einer Balalaika wecken. Dieses Stielgefühl informiert auch die Erweiterung meines musikalischen Vokabulars. So war ich zum Beispiel kürzlich auf Tour im arabischen Raum und das Plektrumspiel hat mir geholfen, Eindrücke von der Musik aus den dortigen Kulturen in meine eigene musikalische Sprache einzuarbeiten. Aktuell benutze ich das Plektrum zumeist noch als Farbe oder als Einlage in Kontrast zum Rest des Konzertprogrammes. Ich würde sehr gerne einmal ein Album aufnehmen, auf welchem ich diesen Sound noch konsequenter beleuchte und dieser die Ästhetik der gesamten Aufnahmen prägt.
Was planst du während deines Stipendiums?
Ich plane mit dem Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg in erster Linie meine eigenen Projekte umzusetzen. Als Bassist begleite ich ständig andere Künstler*innen und ich bin viel auf Reisen. Diese Unterstützung durch die Kunststiftung bedeutet für mich vor allem die Möglichkeit mich noch stärker als Bandleader und Komponist präsentieren zu können. Vielen herzlichen Dank für das Stipendium. Ich fühle mich geehrt!