Pablo Walser
Pablo Walser
Stipendiat Bildende Kunst 2021
Pablo Walser (*1989 in Lörrach) lebt und arbeitet u.a in Dresden und Kreuzlingen. Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Prof. C. Wasmuht. Walser mischt Sparten und Medien, kombiniert und collagiert Zeichnung, Installation, Filme, «News fatale» mit der Intention, «eine Art 3D-Mindmap seines momentanen Bewusstseins zu erstellen.»
Interview
Womit beschäftigst du dich in deiner Arbeit?
In meiner Arbeit suche ich nach Darstellungsformen für kollektives Bewusstsein, um es sinnlich erfahrbar zu machen, sei es räumlich, bildlich oder filmisch. Dafür arbeite ich neben der Malerei beispielsweise mit Fundstücken aus der Natur, aus dem Chinashop und mit gesammelten Videosequenzen. Über die Jahre habe ich auf Reisen und im Alltag einen großen Fundus voller Videosequenzen gesammelt, den ich immer weiter anreichere. Ich stelle stets eine thematisch gebündelte Momentaufnahme meines künstlerischen Forschungsprozesses aus. Die Ausstellung selbst soll ein Eigenleben entwickeln und möglichst Manipulationsmöglichkeiten für die Besucher*innen bereit halten. Daher arbeite ich vermehrt mit Mikrokosmen, wie Aquarien, Pflanzen oder etwa Ameisenfarmen, die sich im weiteren Verlauf der Ausstellung meiner Kontrolle entziehen und die Ausstellung gleichsam beleben. Die Installationen und die Mikro-Universen, die in dieser Arbeitsweise entstehen, sind aufwendig im Aufbau, sie sind nicht wiederholbar. Es ist ein temporäres Einnisten im Ausstellungsraum. Ich versuche einen Kosmos zu arrangieren, in dem ein nonhierarchisches Nebeneinander von Sinnhaftem und Belanglosem möglich ist. Es entsteht ein komplexes System von Bezügen, das durch die Besucher*innen entschlüsselt, entdeckt und weiterentwickelt werden will. Vorwiegend arbeite ich in räumlichen Installationen, mit Video, Malerei und Comic. Ein weiteres Langzeitkunstprojekt von mir ist “News fatale”, ein lautes, unverschämtes am Boulevardton orientiertes alternatives Nachrichtenmagazin auf der Leinwand oder auch bei twitter. Meine Arbeitsweise hat sich über die Jahre aus dem Leitthema entwickelt, das sich durch meine Arbeiten zieht, nämlich der Sehnsucht nach herrschaftsfreien Räumen in unserer Gesellschaft. Sie ist der Zwischenstand meiner Reflexionen darüber, wie ich innerhalb meiner Arbeiten herrschaftsfreie Räume produzieren kann.
Deine Arbeiten sind vielfältig und reichen von Installation über Zeichnung, Film bis Comic. Wer oder was inspiriert dich dabei?
Künstlerisches Vorbild für mich ist beispielsweise Hito Steyerl, ich schätze sie für ihre experimentellen Filme, Pierre Huyghe beeindruckt mich mit seinen Installationen, die ganze technisch biologische Systeme abbilden. Pavel Peppersteins „Medizinische Hermeneutik“ hat meine spirituelle Sicht auf Kunst beeinflusst und Anna Oppermann hat mir schon früh mit ihren frickeligen, überbordenden biographischen Installationen dabei geholfen, mein künstlerisches Arbeiten historisch einzuordnen. Ich bin aber auch Nachrichtenjunkie, was meine News fatale Arbeiten prägt und Hobby Aquaristiker, was sich in den Installationen zeigt.
Woran arbeitest du aktuell?
Seit Anfang letzten Jahres benutze ich für meine Projekte den Übertitel: „Future is coming soon!“. In einer Trailerreihe setze ich mich mit dem Entwerfen von Utopien auseinander. Außerdem arbeite ich an meinem neuen Comic „Die Diktatorin“, bin in der News fatale Redaktion und bastele mit alten Platinen an einem „New Metropolis City“ Modell. Für die Filmsequenzen, die da spielen arbeite ich an Handpuppen und Stop-Motion Figuren.
Welche Pläne hast du während deines Stipendiums?
„Future is coming soon“ ist auch der Arbeitstitel meines nächsten Essayfilms. Es ist Zukunft! In „New Metropolis“ eh schon immer, aber jetzt auch auf der Erde. Das ist kein Baum, nein, das ist Bionano Intelligenz, genmanipulierte Zitronen erzeugen die Energie eines Atomkraftwerks, die Menschen sind vernetzte Cyborgs und haben sich aus Alternativlosigkeit zur „United Humanity“ vereint; Raumschiff Erde wäre sonst abgestürzt. Doch so ganz ist die Menschheit noch nicht von der „Kunst des gesellschaftlichen Zusammenlebens ohne Herrschaft“ überzeugt: Es kommt immer wieder zu Verbrechen der Zukunft, weswegen der futurologische Kongress in New Metropolis eine Detektivin zum Problemplaneten entsendet.