Patrick Peljhan
Patrick Peljhan
Bildende Kunst 2024
Patrick Peljhan (*1991 in Pforzheim) ist ein in Bremen lebender Künstler und
Filmemacher. In seinen Arbeiten verbinden sich persönliche Geschichten aus seiner Kindheit, Jugend und Familie zu einer größeren Erzählung über mediale und gesellschaftliche Phänomene von Migration und Erinnerung. Dafür verwendet er oft Archivfilme und Amateurvideos aus privaten und öffentlichen Beständen. Mit dem Medium Video erforscht er die menschliche Erinnerung und stellt dabei ungewöhnliche Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart her.
Er hat einen Abschluss in Freier Kunst und absolvierte 2021 sein Meisterschülerjahr bei Professorin Natascha Sadr Haghighian an der Hochschule für Künste Bremen. 2023 gewann er den 46. Bremer Förderpreis Bildende Kunst.
Interview
Dein künstlerischer Schwerpunkt liegt auf dem Medium Film.
Wie bist du darauf gekommen?
Ich habe mich immer sehr für Geschichte interessiert und wie sie geschrieben wird. Dabei habe ich mich mit den Relikten und Artefakten der neueren Zeitgeschichte beschäftigt: Video- und Tonaufnahmen, Haushaltsgegenstände, Landkarten und Schulbücher. Irgendwann habe ich angefangen, die TV-Nachrichten für die Recherche zu nutzen. Daraus ist dann mein erster Kurzfilm „Secession Reports“ entstanden. Er handelt vom Jugoslawienkrieg und wie dieser hier in Deutschland wahrgenommen wurde. Bei der Arbeit an diesem Film habe ich dann gemerkt, dass dieses Medium am besten mit meiner Art zu erzählen funktioniert. Ich habe darin sozusagen meine eigene künstlerische Sprache gefunden, die ich lange gesucht habe.
Mit Themen deiner Kunstwerke wie Migration und Geschichte sprichst du aktuelle politische Themen an.
Welche Rolle nimmt Politik in deiner Kunst ein?
Politik ist ein Teil des großen Ganzen, das unser Leben mitbestimmt, und ich kann ihr nicht entkommen. Wenn ich meine Geschichte erzählen will, muss ich auch darauf eingehen. Dabei geht es mir jedoch nicht darum, zwanghaft aktivistisch zu sein oder eine politische Mission zu erfüllen. Eine gut erzählte Geschichte kann meiner Meinung nach mehr in Menschen bewirken als politische Pamphlete und Buzzwords, die verkrampft versuchen ihr Publikum zu belehren. In diesem Sinne hat mich als Jugendlicher die Popkultur sehr beeinflusst: Der Slang und die Erzählweisen im Alltäglichen, das Storytelling im Rap und das damals noch amateurhafte Youtube der späten 2000er Jahre. Diese alltäglichen Ausdrucksformen sind bis heute wichtiger Teil meiner Arbeit als Künstler.
Wie recherchierst du über Geschichte für deine Kunst?
Der Ausgangspunkt sind meistens Geschichten aus meiner Familie. Meine Großeltern haben immer gerne und viel von ihrem Leben erzählt. Das ist im Kern auch die Art von Erzählung, die ich für die Nachwelt dokumentieren möchte: die Geschichten der kleinen Leute. Solches Material wird dann durch die Recherche anhand von Dokumenten und verschiedenen Medien aus der Zeit erweitert. Ich versuche mir ein Bild oder eine grobe Chronologie der Ereignisse zu erstellen und diese mit den Erzählungen meiner Familie abzugleichen. Ich frage mich, was drumherum noch passiert ist und welchen Einfluss das auf ihre Situation gehabt haben kann. Danach kann ich dann meine Arbeit als Erzähler beginnen und die einzelnen Elemente aus meiner Sicht zusammenbringen und meine eigene Story daraus machen. Das passiert dann alles eher intuitiv aus dem Bauch heraus … so wie meine Großeltern mir eben z.B. bei einem Kaffee beiläufig etwas erzählt haben.
Du beschäftigst dich unter anderem mit Erinnerungen, sowohl persönlich als auch gemeinschaftlich.
Was interessiert dich daran?
Das ist der Kern der Sache, der mich wirklich reizt. Am Ende ist Geschichte eine kollektive Erinnerung. Interessant ist dabei, wie wir Menschen unsere Erinnerungen dokumentieren, wie wir sie in unsere Umwelt einschreiben und wie sich Erinnerungen auch in uns auf ganz unterschiedliche Weise einprägen. Dabei spielt auch Zeit eine große Rolle: Ich beobachte meine Großeltern und wie ihre Erinnerung an junge Jahre plötzlich viel präsenter ist als das, was gerade in der letzten Zeit um sie herum passiert. Ich beobachte dabei auch meine eigene Erinnerung und frage mich, was für ein Mensch ich damals war und heute bin. Das Schöne daran ist, dass die meisten Leute etwas mit diesen Fragen anfangen können, weil es eben eine grundlegende Erfahrung ist, die wir Menschen im Laufe unseres Lebens machen.
Welche Projekte hast du für das Jahr 2025 geplant?
Aktuell arbeite ich an einem neuen Film, der noch in der Konzeption ist. Der soll gegen März 2025 fertig werden und dann im Laufe des Jahres gezeigt werden. Ich kann leider noch nichts dazu verraten, weil im Moment noch zu viele Ideen und Geschichten im Kochtopf schwimmen. In der Produktion reduziert sich dass dann immer auf das Wesentliche. Außerdem plane ich schon länger eine Ausstellung in Stuttgart mit einem befreundeten Künstler.
Im besten Fall feiert der fertige Film dann auch dort Premiere – Sozusagen als Abschluss meines Stipendiums.
www.peljhan.net